Alle?

„Die Wirtschaft steckt in der Krise, doch für Reisen geben die Menschen in Deutschland gerne Geld aus.“ Mit dieser Formulierung meldeten letzte Woche viele Medien in Deutschland eine Statistik zur Entwicklung des Tourismus. Ich stoße mich an der Wortwahl „die Menschen in Deutschland“. Das stimmt nämlich nicht: Es gibt einen erheblichen Teil der hiesigen Bevölkerung, der keine Urlaubsreisen unternimmt: Leute mit wenig Geld. Familien mit mehreren Kindern und geringem Einkommen. Alleinerziehende. Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher. Kleinrentnerinnen. Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen. Menschen mit schweren Behinderungen. Und, und, und.

Am Beispiel des Tourismus lässt sich zeigen, dass der Ressourcenverbrauch und die klimagefährdenden Emissionen nicht auf das Konto „aller“ gehen. Das gilt auch für viele Angriffe auf Lebensräume von Tieren und Pflanzen. Es ist auch weltweit nur ein Teil der Menschheit, der zu hohe Ansprüche stellt und sich diese dann auch „leistet“. Viele andere sind kaum oder sehr viel weniger daran beteiligt; so wird der Großteil der heute lebenden Menschen z.B. niemals das Innere eines Flugzeuges sehen… Der Planet leidet vor allem unter denen, die - wie man so schön sagt - auf der „Sonnenseite“ leben (obwohl gerade dort viel Fossiles verbrannt wird).

Das zunächst von der verflossenen Bundesregierung angekündigte und dann nicht realisierte „Klimageld“ wäre ein probates Mittel, für gerechten Ausgleich zu sorgen: Wer z.B. auf eine Flugreise oder eine Kreuzfahrt verzichtet, wer den ÖPNV nutzt und den Fleischkonsum reduziert, würde finanziell gewinnen und könnte sich und die Seinen endlich etwas besser versorgen: Biolebensmittel, haltbarere, fair gehandelte Klamotten, Kinobesuch, Wochenendausflug… Bezahlt würde von all jenen, die hohe Emissionen verursachen.

Leider wird auch die künftige Regierung auf diesem Gebiet die Passivität der alten Koalition fortsetzen. Hier steht wohl keine „Politikwechsel“ an… Leider.