Persönlicher Kommentar
Das Lieblingswerkzeug
Als man ihm die Ölkanne weggenommen hatte, weigerte sich der Mechaniker, weiter seiner Arbeit nachzugehen. Er hatte den schönen Spruch „Ein Tropfen Öl wirkt Wunder!“ zur absoluten Maxime seines Handelns gemacht und lehnte andere Verfahren strikt ab: Zange, Schraubendreher, Feile und Hammer erklärte er für ungeeignete Instrumente. Ihr Gebrauch sei eines wahren Mechanikers unwürdig. Alle Probleme löse man am besten mit Öl. Wenn ein Tropfen nicht genüge, müsse man eben einen ordentlichen Schwall anwenden. Spaßeshalber verwendete er dafür den Begriff „Doppelwumms“.
Das Öl der Politik ist bekanntermaßen der Zuschuss, die Subvention, der finanzielle Anreiz, die Steuersenkung, die Abschreibungsmöglichkeit. Die Öl-Quelle ist das „Sondervermögen“. Nicht erst bei der Ampel-Regierung hat sich der Gebrauch dieses Mittels als Normalfall und angeblich „alternativlos“ eingebürgert. Die anderen Werkzeuge hielt man mehr und mehr für „unberührbar“: Die Zange der Ordnungspolitik (Gebot und Verbot) gilt ebenso als vorgestrig-unelegantes Mittel wie der Hammer der Steuererhöhung oder die Feile der Differenzierung bei sozialstaatlichen Leistungen. Der Schraubendreher für reduzierte Nachfrage – sprich: Sparsamkeit und Reduzierung der Ansprüche - galt gar als obszön.
Jetzt hat jemand dem Berliner Mechanikertrupp die Ölkanne weggenommen. Der Betrieb ruht, weil ohne das „Mittel der Wahl“ die Arbeit keine rechte Freude zu machen scheint. Traut sich endlich jemand, mit den traditionellen Werkzeugen behutsam aber entschieden umzugehen?
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